Biografie Thomas Schamoni

Thomas Schamoni wurde am 13. August 1936 in Berlin geboren. Wie seine Brüder Victor, Peter und Ulrich trat auch er das berufliche Erbe seines Vaters Victor an. Doch wandte er sich zunächst der bildenden Kunst und der Schritstellerei zu. In München studierte er von 1955-1958 Bildhauerei und Grafik.

Während eines Italienaufenthalts kam er mit der römischen Filmakademie in Berührung, verfasste Drehbücher und wechselte dann zum Film.

Anfänglich vor allem am Filmjournalismus interessiert, erhielt er 1958-1960 eine Kameraausbildung beim Bayerischen Rundfunk. Das Jahr darauf absolvierte er ein Referendariat als Regieassistent beim WDR.

Ab 1962 begann er eigenverantwortlich Filme zu drehen, zunächst Fernsehdokumentationen und Kurzfilme.

Er debütierte als Regisseur mit einem Beitrag für das Karfreitagsprogramm des WDR, der auf Anregung seines Onkels Wilhelm entstanden war.

Thema von „Die Passion“ war der Leidensweg Christi, den er an Gemälden Fra Angelicos in den damals noch nicht öffentlich zugänglichen Klosterzellen von San Marco in Florenz nachzeichnete.

Die Musik dazu komponierte der junge griechische Komponist Mikos Mamangakis; er sollte später durch seine Filmmusik zur „Heimat-Trilogie“ von Edgar Reitz bekannt werden.

Noch im selben Jahr entstanden „Freie Zeit – Menschen nach der Arbeit“ und „Kinderspiele“, in den Jahren 1963/64 dann „Ansichten eines Unbekannten“, ein Kurzfilm über die Existenz eines erfolglosen Bildhauers sowie die „Grenze“ und „Die Puppe auf dem Bett“, zwei Fernsehdokumentationen: über die Zonengrenze und über Armut in Deutschland.

1965 folgte ein Dokumentardreiteiler über das Ruhrgebiet mit dem Titel „Ruhrrevier 65. Portrait einer Industrielandschaft“.

1965/66 drehte er drei Making-ofs: „Noah hatte es leichter“ über John Hustons Bibelverfilmung; in „Wojna i mir“ begleitet er Sergeij Bondartschuks Dreharbeiten zu der russischen Verfilmung von Leo Tolstois „Krieg und Frieden“; für "„Charly May“, einen Bericht über die Dreharbeiten der Karl May-Filme, erhielt er 1966 einen Jugendfilmpreis und ein Bundesfilmband in Gold.

1967 wurde er zudem mit dem Adolf Grimme-Preis in Silber für seine Literaturdokumentation „William Faulkner und Jefferson“ ausgezeichnet.

Ein Filmteam, das ein Städteportait über Ascona drehen soll, skurrile Interviews führt und dabei in zunehmende Ratlosigkeit verfällt, ob dieser Ort überhaupt existiert, bildet das narrative Gerüst von Schamonis nächstem Film. Mit „Eine Luftreise. Ein Abenteuer. Etwas für Kenner“ (1967) gelang ihm eine faszinierende dadaistische Montage im Gewande einer Fernsehdokumentation für das Kulturprogramm.

Fördergelder des „Kuratoriums junger deutscher Film“ ermöglichten ihm 1969 seinen ersten Spielfilm.
Ein großer graublauer Vogel“ lautete der einem Gedicht von Rimbaud entlehnte Titel.

Dieser abendfüllende Film in Farbe stellte in gewissen Sinne die Weiterführung von Thomas Schamonis Asconafilm in einem anderen Genre dar.

Ohne auf den ersten Blick erkennbare Handlung und in opulenten Bildern verbindet dieses frühe Meisterwerk des Neuen Deutschen Films - eines der „bis heute rätselhaftesten, brilliant-bescheuertsten Werke des deutschen Jungautorenkinos“, wie es ein Rezensent jüngst bezeichnete - eine wirre Agentenstory mit einer komplexen Reflexion über das Medium Film. Stilistisch gesehen nimmt dieses eigenwillige Gangsterdrama in Ansätzen bereits Ästhetik und Konstruktionsprinzipien von Filmen der so genannten „Postmoderne“ vorweg.

Im Rahmen der gemeinsamen Produkionsgesellschaft „X-Film“ ermöglichte Thomas Schamoni 1969 den ersten Spielfilm von Rainer Werner Faßbinder: „Liebe ist kälter als der Tod“.

Thomas Schamoni erprobte dabei exemplarisch ein Modell, das ihm dann als Grundlage diente für seine Idee einer genossenschaftlich strukturierten, privaten Anlauffinanzierung für Produktion und Verleih von Autorenfilmen.

In Gestalt einer werbewirksamen Ankündigung auf der Preisverleihung bei den Berliner Filmfestspielen 1970 ebnete er zusammen mit Rainer Werner Faßbinder und Peter Lilienthal der Gründung des heute legendären „Filmverlags der Autoren“ den Weg. Grundgedanke war eine Solidargemeinschaft unter Filmemachern, wie sie der „Verlag der Autoren“ auf literarischem Gebiet vorexerziert hatte.

Durch Eigenleistungen aufgrund von eingebrachten Prämiengeldern und selbstschuldnerischen Bürgschaften als Sicherheit für Bankkredite sollte die finanzielle Grundlage geschaffen werden für Koproduktionen mit Sendeanstalten.

Thomas Schamoni reagierte mit der Gründung dieser „Notgemeinschaft“ nicht zuletzt auf die Erfahrungen der Oberhausener Gruppe, deren Mitglieder infolge der ersten von ihnen selbst ins Leben gerufenen Filmförderung zu Konkurrenten geworden waren. Ungeachtet der Erfolge entzweiten innere Spannungen um Fragen der Finanzierung auch die Gesellschafter des Filmverlags, welche unter anderem das Ausscheiden von Thomas Schamoni zur Folge hatten.

Unglückliche Umstände bei der Produktion seines nächsten Films, führten zum Bruch in seiner Spielfilm-Karriere, die mit „Ein großer graublauer Vogel“ so erfolgversprechend begonnen hatte: Nachdem er sich im Zuge seines Engagements für den Filmverlag hauptsächlich in der Produzentenrolle wiederfand, maßgeblich an der Realisierung von Filmen wie „Die Angst des Tormanns vorm Elfmeter“ und „Der scharlachrote Buchstabe“ von Wim Wenders beteiligt war, hatte er in den 1970er Jahren den tschechischen Regisseur und Autor Pavel Juráček mit dem Verfassen einen Drehbuchs beauftragt. Das ambitionierte Projekt eines Abenteuerfilms in Eis und Schnee stand unter keinem guten Stern. Der Ausfall des Hauptdarstellers, der durch keine Versicherung abgedeckt war, und die Ablehnung eines neuen Förderantrags mit dem Ergebnis, dass die bereits angefallenen Kosten nicht zurückgezahlt werden konnten, stürzen ihn in die Privatinsolvenz.

Er drehte mit „Der Eisberg der Vorsehung“, die Geschichte einer gescheiterten Nordpolexpedition des 19. Jahrhunderts, mit „Platzangst“ (1979), einer Studie über psychische Erkrankung und mit „Die Heimsuchung des Assistenten Jung“ (1981), der Geschichte eines scheiternden Habilitanten, der in eine psychische Krise gerät, noch drei Fernsehfilme, zog sich aber dann gänzlich aus dem Filmgeschäft zurück.

Thomas Schamoni, der neben seiner Regie- und Produzententätigkeit auch Drehbücher schrieb und als Sprecher und Darsteller agierte - zuletzt als Mitwirkender in der Dokumentation „Schuss - Gegenschuss. Aufbruch der Filmemacher“ - gründete 1982 in München eine Studiogalerie. Diese eröffnete mit einer Ausstellung der Malerin Caterina Albert, für die er auch später noch als Kurator tätig war.

Thomas Schamoni hat eine Tochter. Deborah Schamoni ist Absolventin der Prager Filmhochschule FAMU, arbeitet als Kamerafrau und Regisseurin in Berlin und ist als Galeristin in München tätig.